Führungskompetenzen. Sie sind heute in aller Munde. Jeder redet über sie. Sie sind gefragter denn je. Doch auf welche Kompetenzen kommt es eigentlich wirklich an? Und gibt es die eine Führungskompetenz überhaupt?
Genau damit wollen wir uns heute hier genauer beschäftigen.
Legen wir also los. Schaffen wir uns eine gemeinsame Basis und schauen, was es mit Führungskompetenzen konkret auf sich hat.
Inhaltsverzeichnis
- Führungskompetenz – Die Kompetenz der Führungskraft
- Was ist Kompetenz überhaupt?
- Welche Führungskompetenzen gibt es?
- Was sind die Führungskompetenzen der Zukunft?
- Fazit
Führungskompetenz – Die Kompetenz der Führungskraft
Du fragst dich vielleicht, was Führungskompetenzen denn nun wirklich sind.
Und ich verspreche dir: Wenn du fünf verschiedenen Menschen diese Frage stellst, wirst du fünf verschiedene Antworten erhalten. Dieses Phänomen begegnet mir in meiner Arbeit als High-Level-Mentorin für Leadership-Coaches immer wieder. Darum gehört der Begriff „Führungskompetenz“ für mich definitiv zur Gruppe der Plastikwörter.
Je häufiger ein Begriff benutzt wird, desto größer ist die Gefahr, dass seine Bedeutung verschwimmt und verschiedene Erklärungen für ein und denselben Begriff entstehen. Er wird zu einem Plastikwort. Darum ist eine klare Definition auch so wichtig, bevor wir tiefer in das Thema einsteigen können.
Schauen wir uns das Wort „Führungskompetenz“ an, dann entdecken wir einen wichtigen Begriff, dem wir uns zunächst näher widmen sollten.
Na, was springt dir gleich ins Auge?
Ja, richtig: Kompetenz.
Schauen wir also mal genauer hin.
Was hat es eigentlich mit dem Begriff „Kompetenz“ auf sich?
Was ist Kompetenz überhaupt?
Zur Beantwortung dieser Frage habe ich den Blick über mein heimisches Bücherregal streifen lassen und mir das Lexikon der Psychologie von Dorsch zur Hand genommen.
(Ja, als Hochschuldozentin für Wirtschaftspsychologie hat man solche Werke in der heimischen Bibliothek – Glück für uns.)
Hier findet sich folgende Definition:
„Kompetenzen sind kontextspezifische Leistungspotenziale oder Dispositionen.“
Ich versuche es mal in meinen eigenen Worten und damit etwas verständlicher zu sagen:
Kompetenzen sind die Fähigkeit und die Bereitschaft, in einer bestimmten Situation, eine bestimmte Leistung zu erbringen oder bestimmte Verhaltensweisen zu zeigen.
Kompetenzen sind also Handlungsfähigkeiten, die eine Führungskraft in bestimmten Situationen zeigt. Gestützt werden diese durch Persönlichkeitseigenschaften. Kompetenzen sind aber keinesfalls gleichzusetzen mit Charaktereigenschaften oder Persönlichkeitsmerkmalen. Ok, damit haben wir eine gemeinsame Basis.
Doch was sind nun die wichtigsten Führungskompetenzen?
Welche Führungskompetenzen gibt es?
Ich sage dir jetzt etwas, das dir vielleicht nicht gefällt.
Denn, auf die Frage, welche Führungskompetenzen es gibt, kann ich nur antworten:
Kommt ganz darauf an!
Kompetenzen hängen sehr stark von den jeweiligen Herausforderungen ab.
In welcher Situation soll eine bestimmte Leistung gezeigt werden?
Bei Führungskompetenz könnte man nun dazu neigen, es gleich auf die Situation „Führung“ zu begrenzen. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass es unfassbar viele verschiedene Formen von Unternehmen und Organisationen mit unterschiedlichen Branchen, Organisationskulturen, Führungsverständnissen und individuellen Herausforderungen gibt.
Führungskompetenz definiert sich also ganz individuell und abhängig von der Situation.
Um zu verstehen, was Führungskompetenzen tatsächlich ausmacht, schauen wir noch einmal genauer hin. Dafür habe ich dir das Modell der vier Kompetenzen mitgebracht. Die vier wichtigsten Kompetenz-Dimensionen sind Sozialkompetenz, Fachkompetenz, Selbstkompetenz und Methodenkompetenz. Verfügt eine Führungskraft über Kompetenzen aus diesen vier Dimensionen, dann besitzt sie Handlungskompetenz.
Bringen wir es also noch einmal auf den Punkt:
Es gibt nicht die eine Führungskompetenz.
Verschiedene Kompetenzen aus den vier Kompetenz-Dimensionen verschmelzen zur Handlungskompetenz und machen eine Führungskraft kompetent für eine bestimmte Situation.
Wir sollten also immer zunächst die Situation genauer betrachten:
- Um welches Unternehmen geht es?
- In welcher Branche befinden wir uns?
- Was sind hier gerade die aktuellen Herausforderungen im Unternehmen, in der Branche und im Team? Wie groß ist das Team?
Um dann daraus abzuleiten, welche Handlungskompetenzen sinnvoll und wichtig sind.
Was sind die Führungskompetenzen der Zukunft?
Führungskompetenzen stehen im direkten Zusammenhang mit der jeweiligen Situation.
Und genau deshalb gibt es Kompetenzen, die jetzt und in Zukunft besonders relevant sein werden. Denn welche Situation umgibt uns alle?
Richtig. Wir leben heute in einer VUCA Welt. Unser Alltag wird von immer neuen Krisen bestimmt – eine weltweite Pandemie, der fortschreitende Klimawandel, Kriege. Das setzt unseren Organismus unter Stress und löst Unsicherheiten in uns aus.
Eine besondere Herausforderung, auch für Führungskräfte.
Die 5 wichtigsten Führungskompetenzen der Zukunft
Führungskräfte von morgen müssen flexibel sein und sich den immer neuen Situationen anpassen können. Dabei werden die folgenden fünf Führungskompetenzen in Zukunft wichtig sein.
1. Resilienz
Resilienz als Führungskompetenz wird immer wichtiger. Nicht ohne Grund hat das Zukunftsinstitut (Zukunftsinstitut, 2022) die Resilienzfähigkeit als „die Zukunftskraft“ bezeichnet. Es geht hierbei um so viel mehr als nur die psychische Widerstandsfähigkeit. Bei dieser Führungskompetenz geht es nicht nur darum, für sich selbst resilient zu sein, sondern auch Resilienz für das Team und die gesamte Organisation herzustellen.
2. systemdenken/Komplexitätsdenken
Für Führungskräfte wird es wichtig sein, den Gesamtzusammenhang zu erkennen und über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.
Also, genau hinzuschauen und sich reflektiert zu fragen:
Welche Auswirkungen hat mein Tun?
Nicht nur bis morgen. Nicht nur in meinem direkten Umfeld. Sondern ganzheitlich betrachtet. Denken wir zum Beispiel an Themen wie Nachhaltigkeit und den Klimawandel.
- Wie gut kann die Führungskraft Komplexität erfassen und mit Ambiguität umgehen?
- Wie schnell kann sie in die Analyse von neuen Konzepten und Systemen einsteigen?
- Und kann sie dann kreative Problemlösungen finden?
3. Veränderungskompetenz
Wir stehen gerade vor großen systemischen Herausforderungen.
Der äußere Kontext hat sich massiv verändert. Eine weltweite Pandemie schlägt um sich und wir stecken mitten im Klimawandel, der an Geschwindigkeit aufnimmt.
Wir gehen von Krise zu Krise.
Wenn sich das Außen so sehr wandelt, reicht es nicht mehr aus, nur zu verbessern.
Es braucht eine gänzlich neue Haltung. Neue Glaubenssätze. Neues Können.
Daher brauchen Führungskräfte heute und in Zukunft besonders eines: Veränderungskompetenz.
Führungskräfte dürfen sich also fragen:
- Bin ich bereit für Veränderung?
- Und kann ich Veränderung umsetzen?
- Welche Erfahrungen bringe ich aus Veränderungsprozessen mit?
4. Diversitätsmanagement
Wir leben in einer Welt voller Vielfalt und das ist gut so. Auch für Unternehmen ist es wichtig, das zu erkennen und entsprechend zu berücksichtigen.
Für heutige und künftige Führungskräfte ist es daher wichtig, die Vielfalt in Organisationen nicht nur zu erkennen, sondern diese auch zu akzeptieren und wertzuschätzen, sie zu fördern und zu nutzen und alle Akteure an den Prozessen zu beteiligen (Özdemir, 2019). Natürlich gibt es zahlreiche Diversitätsdimensionen. Im Folgenden möchten wir uns jedoch an die 8 Dimensionen der Diversität nach Plummer anlehnen.
5. Lernfähigkeit
Für Führungskräfte der Gegenwart und Zukunft ist es wichtig lernfähig zu sein und diese Fähigkeit auf das Unternehmen zu übertragen – und somit eine lernende Organisation zu erschaffen. Eine lernende Organisation bezeichnet eine anpassungsfähige, auf äußere und innere Reize reagierende Organisation. Der Begriff wurde insbesondere von Peter Senge geprägt, der fünf Fertigkeiten definierte, die lernende Organisationen ausmachen. Wichtig ist auch hier, wieder zu betonen, dass dieser Prozess auf drei Ebenen stattfindet – auf individueller Ebene, auf Team-Ebene und auf der Ebene der gesamten Organisation.
Fazit:
Fassen wir also noch einmal zusammen:
Führungskompetenzen sind immer eine Mischung aus verschiedenen Kompetenzen aus den vier Kompetenz-Dimensionen und stark abhängig von der jeweiligen Situation.
Ihr solltet euch also im Führungskräftecoaching nicht nur fragen:
Welche Führungskompetenzen gibt es?
Oder: Was sind die wichtigsten Führungskompetenzen?
Wirklich relevant sollte die Frage sein: Welche Kompetenzen werden in der individuellen Situation dieses speziellen Unternehmens gebraucht?
Denn, wie bereits gesagt, es gibt nicht die eine Führungskompetenz.
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Quellen:
- Heller, J. (2022): Resilienz-ABC (online: https://juttaheller.de/resilienz/resilienz-abc, aufgerufen am 13.07.2022).
- Özdemir, F. (2019). Managing Capability. Ein Ansatz zur Neubestimmung von Diversity Management. SpringerGabler.
- Plummer, D. L. (2003). Handbook of diversity management. University Press of America.
- Senge, P. (2011): Die fünfte Disziplin; Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Schaeffler-Poeschel.
- Szebel, A. (2015): Veränderungskompetenz von Mitarbeitern. Eine empirische Untersuchung zur differentiellen Konstrukterschließung der individuellen Veränderungskompetenz von Mitarbeitern und besonderer Berücksichtigung des Einflusses dispositionaler Persönlichkeitsfaktoren. (Dissertation). Universität zu Köln. (online: https://kups.ub.uni-koeln.de/6183/1/Dissertation_Veraenderungskompetenz_Szebel.pdf, aufgerufen am 04.10.2019).
- Zukunftsinstitut (2022): Resilienz: Zukunftskraft für Mensch, Gesellschaft, Wirtschaft und Planet (online: https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/resilienz-fuer-mensch-gesellschaft-wirtschaft-und-planet/, aufgerufen am: 13.07.2022).