Vielleicht hast du den Begriff ‚New Work‘ schon einmal gehört. Und vielleicht fragst du dich auch, was dahintersteckt. Aus diesem Grund möchte ich dir die Ursachen und Auswirkungen von New Work in diesem Artikel etwas genauer erklären. Arbeit wird sich wandeln, das wird derzeit überall diskutiert. Aber vielleicht hast du diese Veränderung in deinem Unternehmen noch nicht so stark wahrgenommen, weil sie teilweise schleichend vor sich geht oder die Auswirkungen erst in einigen Jahren spürbar sein werden. Aber starten wir am Anfang.
1. Wie verändert sich die Gesellschaft?
Vier Veränderungstendenzen lassen sich schon seit einiger Zeit auf gesellschaftlicher Ebene beobachten und werden in den nächsten Jahren noch an Dynamik aufnehmen. Das sind der demographische Wandel, die Digitalisierung, die Globalisierung sowie ein gesellschaftlicher Wertewandel. Ich möchte dir zeigen, was sich dahinter genau verbirgt.
Demographischer Wandel:
Über den demographischen Wandel wird schon lange diskutiert. Dahinter stecken vor allem zwei wichtige Punkte: Das ist zum einen die sinkende Geburtenrate und zum anderen die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung. In der Konsequenz wird die Erwerbsbevölkerung zurückgehen sowie das Durchschnittsalter der Beschäftigten steigen. Das hat eine Fachkräftemangel zur Folge, der sich jetzt schon beobachten lässt, sich in Zukunft aber in weitere Höhen schrauben wird. Fachkräftemangel bedeutet, dass hochqualifizierte Arbeitnehmer*innen auf dem Arbeitsmarkt stark umkämpft werden. Dies bedeutet eine große Anzahl von Unternehmen konkurriert um eine geringe Anzahl von Bewerber*innen. Diese können sich dementsprechend ihre Stelle aussuchen. Dadurch wird es immer wichtiger werden, dass Arbeitgeber an ihrer Attraktivität arbeiten und sich als Marke auf dem Bewerbermarkt positionieren.
Digitalisierung:
Die Digitalisierung hat spätestens seit Corona noch einmal vermehrt an Dynamik aufgenommen. In Zukunft wird aber auch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen vermehrt ein Thema werden. (Schaue dir hierzu gerne mein Interview mit Verena Till zu der Zukunft des Arbeitens mit Künstlicher Intelligenz an.) Automatisierung und die Abgabe von Analyseaufgaben an technologische Systeme werden die Arbeit verändern. Dahinter steckt aber vor allem, dass sich die Art der Arbeit verändern wird. Die Führung von Menschen, Motivation, Kreativität, Problemlösefähigkeit und kritisches Denken werden noch wichtiger werden. Dadurch werden von Arbeitnehmer*innen vermehrt Kompetenzen gefordert, die nicht mehr durch klassische Wissensvermittlung erlernt werden können, sondern durch neue Arten der Personalentwicklung, wie Coaching, Mentoring und Supervision.
Globalisierung:
Auch die Globalisierung wird in Zukunft noch verstärkt relevant sein. Damit ist eine globale Integration gemeint. Das bedeutet, Zusammenhänge und Netzwerke sind noch stärker in einem globalen Zusammenhang zu verstehen. Damit sind Verflechtungen auf wirtschaftlicher, politischer und kultureller Ebene gemeint. Die Digitalisierung und das Internet sind hier definitiv Treiber des Wandels. Für Unternehmen bedeutet dies zum Beispiel, dass ortsunabhängiges Arbeiten, internationale Teams und Job- und Ortswechsel vermehrt zum Alltag gehören werden. Die Mitarbeiter*innen wollen vermehrt Flexibilität, werden mehrmals in ihrem Leben das Unternehmen, die Branche, den Job wechseln. Die internationale Konkurrenz, auch um Arbeitskräfte, wächst und verlangt von den Unternehmen eine ständige Anpassung.
Wertewandel:
In der Gesellschaft findet ein vermehrter Wertewandel statt. Individuelle Selbstentfaltung und -verwirklichung steht dabei als Megatrend im Zentrum. Arbeit wird dabei nicht mehr nur als Mittel zum Zweck betrachtet, sondern soll Sinn stiften. Die Grenzen zwischen Leben und Arbeit verschwinden immer mehr. Die Einzelperson definiert sich stärker über das, was sie in ihrer Arbeit leistet und ob dies einen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft erbringt. Unternehmen werden sich als Reaktion darauf vermehrt mit ihrem Sinn und dem ‚Warum‘ ihrer Existenz beschäftigen müssen. Mitarbeiter*innen suchen zudem vermehrt Gestaltungsspielraum, um ihre eigenen Stärken ausleben zu können. Dennoch werden die konkreten Vorstellungen davon, wie Arbeit auszusehen hat, sehr heterogen sein. Neben Unterschieden zwischen den Generationen gibt es hier auch große Unterschiede innerhalb der Generationen.
2. Was sind Folgen dieser Veränderungen auf Unternehmensebene?
Die beschriebenen gesellschaftlichen Veränderungen wirken sich natürlich auch stark auf das Unternehmensumfeld aus. Vier Aspekte sind hier besonders relevant:
- Durch den demographischen Wandel ergibt sich ein Arbeitskräfte- und vor allem Fachkräftemangel.
- Die Möglichkeiten der Digitalisierung und fortschrittlichen Technik werden für die Industrie 4.0 genutzt.
- Organisationen werden nicht mehr zentral ausgehendem von einem Kopf gesteuert, sondern zunehmend dezentral organisiert. Die Abteilungen und einzelnen Mitarbeiter*innen übernehmen mehr Verantwortung.
- Es entwickelt sich ein Arbeiten 4.0 mit vermehrter Flexibilisierung und damit auch Entgrenzung von Arbeit. Zum Beispiel wird Arbeit nicht mehr rein in einem Büro im Unternehmen von 8-17 Uhr erbracht.
3. Wie können Unternehmen darauf reagieren?
Als Unternehmen ist es wichtig, diese Tendenzen nicht zu verschlafen, sondern sich Schritt für Schritt anzupassen, um, unter anderem auf dem Arbeitnehmermarkt, wettbewerbsfähig zu bleiben. Um auf die beschriebene Individualisierung zu reagieren, ist es wichtig, Mitarbeiter*innen einzubinden. So können diese bei der Strategie- und Zielfindung, auf organisatorischer und individueller Ebene, beteiligt werden. Eine ständige Weiterentwicklung der Mitarbeiter*innen wird aufgrund der dynamischen Veränderungen nicht ausbleiben. Aber was spricht zum Beispiel dagegen, dass sich der/die Mitarbeiter*in Lernziele selbst steckt? Eine Möglichkeit, die auch bereits innovative Unternehmen anwenden, ist es auch, einen Teil der Arbeitszeit für eigene Weiterentwicklungsprojekte freizuhalten. Ein weiteres Schlagwort ist der Begriff ‚Agilität‘, also den Abbau von Hierarchie und die Übergabe von Entscheidungsvollmachten an die Stellen, wo sie am meisten Auswirkungen haben. Dies soll zu schnelleren Entscheidungsprozessen und einem besseren Reaktionsvermögen auf Veränderungen führen. Davon zu unterscheiden, ist ein Ausbau von Flexibilität, in Bezug auf Arbeitsorte, Arbeitszeiten, aber auch Arbeitsaufgaben durch ein Rotationsverfahren (Job Rotation). So schaffen auch manche Unternehmen ‚Creative Workspaces‘, die die klassische Arbeitsplatzstruktur aufweichen sollen, um mehr Raum für Kreativität zu schaffen.
An oberster Stelle und als ersten Schritte sehe ich jedoch die Beschäftigung mit dem Sinn des Unternehmens. Hier spricht man auch vom ‚Purpose‘ der Organisation, die nicht nur den/die Mitarbeiter*in bei der eigenen Sinnfindung im Arbeitskontext unterstützt, sondern auch für die Führung hilfreich sein kann. Ich möchte hier auf das Leipziger Führungsmodell verweisen, das den ‚Purpose‘ als Basis einer modernen Führung sieht. Gerne verweise ich hier auf den TEDx-Talk von Prof. Dr. Timo Meynhardt, in dem er das Führungsmodell vorstellt.
Was bedeutet ‚New Work‘ für dich als Führungskraft?
Was bedeutet das alles nun für dich als Führungskraft? Zum einen wird die autoritäre, hierarchiebetonte Führung verschwinden, was für dich aber eine absolute Chance darstellt. Im Fokus wird eine demokratische Führungskultur stehen, die von Authentizität und Sinnhaftigkeit getragen wird. Das bedeutet, authentisches Auftreten, Empathie, das gemeinsame Arbeiten an einem Ziel wird immer wichtiger. Der Fokus in der Führung wird darauf liegen, zu ermöglichen und die Mitarbeiter*innen bei ihrer Weiterenwicklung zu unterstützen. Der/die Vorgesetzte als Coach und Personalentwickler*in wird das neue Bild einer Führungskraft sein. Was kannst du also tun? Frage dich, was deine Mitarbeiter*innen benötigen, um ihre Arbeit bestmöglich erledigen zu können. Schätze dein Team als Expert*innen in ihrem Bereich. Löse nicht alle Probleme für deine Mitarbeiter*innen, sondern lasse sie Probleme selbst lösen. Unterstütze sie allerdings dabei und ermögliche eine sinnvolle Zielerreichung. Binde deine Mitarbeiter*innen ein und delegiere auch Entscheidungen. Je mehr du das tust, umso leichter wird Führung werden. Denn das Ziel ist es auch, dass nicht alle Last auf deinen Schultern ruht, sondern dass das Team stärker eingebunden wird.
Du willst noch mehr wissen? Dann empfehle ich dir das Buch „New Work – Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt“ von Benedikt Hackl, Marc Wagner, Lars Attmer und Dominik Baumann. Dort findest du zahlreiche Impulse, Praxisbeispiele, aber auch Studien, die die New-Work-Konzepte aus wissenschaftlicher Sicht beleuchten.